48°12‘41.1″N 16°21’25.8″E
48.211412, 16.357171

Die Karte mit der Nummer 5 war etwas besonderes. Gelehrte hatten dieses Monster seit 1918 in ihrer Bibliothek klassifiziert und festgehalten. In den Wänden des Rathauses lauerte nämlich etwas Schreckliches. Ein Wurm, eine Schlange, ein Basilisk? So lang wie sieben Stockwerke, munkelte man. Die Stimme pulsierend und mechanisch. Hörst du die Bewegungen des Biests? Wie es sich windet und dreht, gefangen in den Mauern und von Menschen gefürchtet.  Seit genau 100 Jahren existierte dieses Getier in den Gemäuern des Rathauses, nahe der Stiege 6. Man erzählte sich Schreckliches, dass gefressene Menschen sich auf ewig im Kreis drehen mussten und man im obersten Stockwerk auf den Kopf gedreht wurde, um Kopfüber nach unten zu stürzen. Fütterungszeiten waren immer zwischen 6:30 Uhr am Morgen und 16:00 Uhr am Nachmittag. Alle vier Minuten und sechs Sekunden vollzog die Schlange eine ganze Runde. Daraus konnte man schließen, dass sie ungefähr 15 Menschlängen lang sein musste. Man wusste außerdem, dass sie ungefähr zweimal so breit war wie ein Mensch, da sie bis zu zwei Menschen auf einmal verschlingen konnte. Hinter vorgehaltener Hand erzählte man sich jedoch Geschichten, dass die Schlange gar keine Menschen verspeisen wollte. Es gab Berichte darüber, dass Menschen, nachdem sie verschlungen worden waren, an einem anderen Ort des Gebäudes wieder unverdaut ausgespuckt wurden. Bürokratie war die Hauptnahrung dieses schrecklichen Tiers. Deswegen war es auch nur unter der Woche zugänglich, denn am Wochenende schlief es einen unruhigen, traumlosen Schlaf. Ob dieser, mangels eines besseren Wortes, vegetarischen Natur der Schlange, hatte man sich getraut sie als Nutztier einzusetzen. Menschen konnte von ihr freiwillig verspeist, und am Ort ihres Wunsches wieder ausgespuckt werden. Praktisch war dies vor allem für all jene, welchen die unglaublich Steilheit und Höhe der Stiege 6 ganz und gar nicht zusagen wollte. Insofern hatte man also diese Fütterungszeiten festgelegt, welche zufälligerweise auch mit den allgemeinen Arbeitszeiten einiger Bediensteter des Rathauses zusammenfielen.